Kassia, Cassia, Kasia, Kassiane, Eikasia oder Ikasia - in diesen Varianten ist ihr Name liberliefert oder buchstabiert worden - war eine byzantinische Nonne aus dem 9. Jh. Sie ist die herausragende Dichterin der griechischen Kirche und die Einzige der vier oder ftinf zweifelsfrei identifizierten griechischsprachigen Hymnenschreiberinnen,1 deren Werke nachweislich Aufnahme in die liturgischen Blicher gefunden haben.
Kassia - so schreibt der Hl. Theodoros Studites ihren Namen in zweien seiner Briefe, und an diese Schreibung wird sich auch dieser Artikel halten - wurde ca. 810 als Kind einer aristokratischen Familie in Konstantinopel geboren. Was ihren Zunamen κανδιδατίσση betrifft, so wird vermutet, dass ihr Vater am kaiserlichen Hof den hohen militarischen Rang eines Candidatus innehatte. Wie andere Madchen aus diesen privilegierten Kreisen erhielt auch Kassia eine gute Ausbildung3 und brachte es in der griechischen Sprache zueinem hohen Mal an literarischer Kenntnis. Sie studierte die Schriften, die Klassiker der Patristik - insbesondere Gregor von Nazianz -, Sakralmusik, Dichtung und Metrik und moglicherweise auch einige griechische Klassiker wie z. B. Homer. Der Lehrplan umfasste in etwa das, was wir heute als Stoff der Primar- und der ersten Sekundarstufe bezeichnen wiirden und endete in der Regel, aber nicht immer, kurz vor der weiterfiihrenden Beschaftigung mit Rhetorik und Philosophie. Fur Frauen vom Fonnat einer Kassia gab es im Byzanz des 9. Jh. eine kurze Zeitspanne, innerhalb derer sic ihre Talente entfalten konnten; als bald darauf die althergebrachte Misogynie mit dem beginnenden 10. Jh. emeut um sich griff, wurde dieses Fenster wieder zugeschlagen. Obwohl die lkonophilen (auch Ikonodulen genannt) nicht zuletzt auch als Frauenbewegung triumphierten, scheint die Chance, gewisse ikonoklastische Einstellungen zu korrigieren, nicht genutzt worden zu sein. |
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