Adolf Deissmann (1866-1937) war ein verhinderter Klassischer Philologe. Hätte die Last der familiären Tradition, in deren Erbe er stand, nicht auf ihm gelegen, hätte er vielleicht eine Karriere als Klassischer Philologe verfolgt, statt als Theologe, als der er Lehrstühle in Heidelberg und Berlin innehatte. Dass er seinen Fokus auf die Philologie legte, wird aus dem gesamten Œuvre seiner akademischen Publikationen ersichtlich, zumindest bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Licht vom Osten, sein berühmtestes Buch, zeigt uns, wie er sein Verständnis der Altertumswissenschaften von der Klassischen Philologie übernommen hat und es auf das Studium des Neuen Testaments anwendet. Auf diese Weise scheint er eine Art Erfinder einer „Neutestamentlichen Altertumswissenschaft“ gewesen zu sein. Die Lexikographie blieb ein Leitmotiv seiner Karriere, wenngleich ein eng umschriebenes: es ging ihm um die Erklärung der Sprache des Neuen Testaments durch nicht-literarische Texte, die auf Stein oder Papyrus erhalten geblieben sind. Sein Lexikon allerdings vermochte er nie zu vollenden. Dieser Beitrag soll prüfen, ob es im Kontext seiner Zeit angemessen ist, Deissmann als Epigraphiker, als Papyrologen oder als Lexikographen zu betrachten. Für den ersten Bereich seiner wissenschaftlichen Arbeit ist das Ergebnis negativ, für den zweiten leidlich positiv, und für den letzten Bereich unklar. Trotz dieses Befundes, darf man ihn weiterhin als Philologen ansehen, wenngleich als einen atypischen. |
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